Mein Erleben in der Zeit von *Karuna

Im Zimmer Rosalina inmitten des üppigen Grüns des Bucheggberges bin ich nun – OFFLINE – am Fasten nach Dr. Gerson bei Doris Weyeneth. Fasten nicht nur von Nahrung, sondern auch von Medien und Kind. Sahnehäubchen dieser speziellen Zeitqualität ausgelöst durch Covid19. Ursprünglich einfach als Detoxzeitfenster angedacht, nun ein sinnvolles Weiterwirken lassen des momentanen Erlebens. Diese Woche widme ich bewusst mit viel Lachen und Herausforderungen der Entgiftung des Darmes. Der Tod sitzt im Darm ergo auch das Leben, die physische wie psychische Gesundheit. So versorge ich nun meinen Magen, meinen Darm, auch meine Haut, Ohren, Nasennebenhölen und Augen mit reinem, natürlichsten Chlorophyll. Ich bringe somit reine Lichtenergie in mein System. Gold für mein Immunsystem und Chance für meine tiefsitzenden gespeicherten Geschichten sich in welcher Form auch immer zu zeigen. Erstmalig konfrontiere ich mich nach meiner Essstörungsbetroffenen Lebenszeit mit dem Thema keine Nahrung zu mir zu nehmen. Mich allenfalls dem Hunger auszusetzen. Hungern hat mich beinahe sterben lassen. Ein mutiger Schritt, dem ich mit Achtung, Respekt und Mitgefühl begegne. Gleichzeitig versuche ich nicht anzuhaften, sondern mich als Beobachterin in diesen Tagen der Fülle zu begleiten. 

 

Hier habe ich viel Zeit und Musse die letzten Wochen Revue passieren zu lassen: 

 

Noch im Februar 2020 sitze ich mit einem Latte Macchiato an der Sonne auf der Bettmeralp im Skiurlaub. Geniesse die Idylle der Bergwelt, die Freude an Sonne und Schnee. Anfang März assistiere ich eine Frauenzeit in Deutschland. Bald darauf ist alles anders. Ich beginne die Angst vor Covid19 vegetativ wahrzunehmen. Stresssymptome im Körper, Herzrasen, Schwindel, Beklemmung, Nervosität. Ich fühle der Angst nach. Es ist nicht meine Angst vor dem Virus oder irgendeinem Virus. Die Angst die mein System widergibt ist die Energie in der Athmosphäre, die Angst in den Augen von Mitmenschen, das Ausgeliefertsein an Mächte wie die Regierung. Die Schulen werden geschlossen. Lockdown. Mitten in einem Kurs in Massageheilkunst müssen wir abbrechen. Die TeilnehmerInnen nach Hause schicken. Als Assistentin helfe ich die Kursräumlichkeiten aufräumen und gehe dann zu Fuss durch den Bucheggberg nach Solothurn. Mit dem 16.03.2020 schliesse ich gezwungenermassen meine Praxis. Wie kann das sein, dass mir eine Obrigkeit meine Berufsausübung verbietet? Wie kann es sein, dass mir jemand meine Freiheiten nimmt und ich nicht mehr entscheiden darf, was für mich stimmig ist, sondern nur das Gehorchen möglich ist? Wie weit her ist es mit meiner bisher gefühlten Freiheit in der Schweiz? Dieses Obrigkeitsthema beschäftigt mich in dieser ersten Phase des Lockdowns sehr. Mein Leben ist perfekt. Ich habe mein Leben, meine Berufung mit Mut und Vertrauen und universeller Unterstützung selber kreiert/kreieren lassen. Nun soll ich in meiner Selbständigkeit solcher Massnahmen ausgesetzt sein? Die Frage der Verhältnismässigkeit beschäftigt mich zusätzlich. Nur stelle ich fest, dass eine kritische Haltung nicht überall willkommen ist. Dass manche Menschen ihre Meinung nicht wagen kundzutun. Das gewisse Stimmen in unserem Staat nicht sein dürfen. Das hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Es gibt nicht die eine Wahrheit, es gibt deren unzählige und ich werde mich immer für unsere Grundrechte einsetzen. 

 

Ich habe bereits länger gefühlt, da kommt was. Nun bin ich mitten drin. Gerade ist es dieses Kronenvirus. Bald werden weitere Vorkommnisse unser Dasein in dieser jetzigen Form unseres Lebens verunsichern. Auf einer übergeordneten Ebene ist für mich das Virus nur verständlich. Der Mensch holzt und brennt Urwälder ab, die Lungen der Erde. Die Natur schickt uns nun den Ausgleich. Ein Virus, welches die Lungen des Menschen angreifft. 

Da ist auch Neugierde. Was wird sich mir/uns und der Welt alles eröffnen? Die Suche nach meiner Wahrheit beginnt. Irgendwann realisiere ich, dass es auch in mir nicht nur eine Wahrheit gibt. Je nach Perspektive, die ich einnehme gibt es mehrere in mir wahrgenommene Wahrheiten. Mit der Zeit filtern sich für mich die folgenden 3 Erlebens-Felder der heutigen Zeitqualität unter HINGABE, meinem Jahreswort 2020, heraus:

 

Dankbarkeit

Meine Tochter ist nicht mehr im Schulsystem, zumindest die ersten drei Tage nach Schulschliessung gänzlich. Wir verbringen viel Zeit miteinander und sie ist vom ersten Moment an sehr stimmig in dieser Zeitqualität. Zufrieden hört sie Geschichten und beschäftigt sich mit sich selber. Beginnt Labor zu spielen, ist kreativ. Wir spielen auch sonst Gesellschaftsspiele zusammen, in diesen ersten Tagen vermehrt. Obwohl ich die Tage nun nicht mehr teilweise in meiner Praxis verbringe und zu Hause bin, habe ich viel weniger Zeit für mich. Ich stelle dies fest und lasse los. Dann beginnt das Homeschooling. Ein 9-jähriges Kind absolviert diese Pläne mit den geforderten Einheiten noch nicht in Eigenregie. Mein Motto: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich Schule in unserem Zuhause, dafür kochen, backen, Natur, basteln. Ich übe mich in liebevoller Geduld und stosse hier und da an meine Grenzen… eine Lehrerin bin ich nicht. Alles in Allem bin ich stolz, wie wir beide diese Zeit meistern. Meine Tochter ist mir ein glasklarer Spiegel in dieser intensiven Nähe. Etliche Prozesse – schönere und unschönere - dürfen Raum einnehmen. Dafür bin ich unendlich dankbar. Einmal mehr ist meine Tochter eine mir präzise Lehrmeisterin. Da ist unendliche Liebe. 

 

Friede und Glück

Das erste Mal in meinem Leben erlebe ich Häuslichkeit und massive Entschleunigung. Auch wenn mein Leben vor Covid19 nur noch mit Dingen gestaltet war, die mich erfüllen, so war ich zu viel unterwegs. Einfach nur Sein im Alltag, ausserhalb von Meditationen, hatte zu wenig Raum. Nun geht der Bewegungsradius von unserem Zuhause in den nahegelegenen Wald, auf’s Balmfluechöpfli, Megalithenweg, Verenaschlucht, Bucheggberg. Hin und wieder mit dem Fahrrad in die Praxis, um da meine Pflanze zu giessen. Das ist alles. Meine Welt wird im physisch Erlebbaren klein und überschaubar. Unser Garten mit Hängematte, Sitzplatz, Hängeschaukel, Kletterbäumen, grossem Trampolin und Feuerschale werden zum Hauptschauplatz während dieser intensiven Sonnentage. Auf der Quartierstrasse singen wir jeden Abend um 18.00 Uhr Lieder mit der weiteren Nachbarschaft vom Zündhölzli, zum Heimatvogel, zu „We have to wake up“. Mein Herz geht auf in diesem Sein in Musik, in dieser Verbundenheit mit was ist. Plötzlich bin ich am Wandern mit einer örtlich ansässigen Berufskollegin und unseren Töchtern oder wir trinken Kaffee im Wald. Der Tisch ist ein Baumstrunk, Hocker sind Holzpflöcke. Wir haben unendlich Zeit uns über uns wichtige Themen zu unterhalten. Die Töchter spielen. Bislang waren wir beide so in unserem Alltag gefordert, dass solch eine Begegnung schwierig zu organisieren gewesen wäre. Das nur ein Beispiel von Perlen in meinem Umfeld, die ich bislang nicht im ganzen Ausmass wahrnehmen konnte. In dieser Häuslichkeit werde ich langsamer und langsamer. Hier und da gehe ich ein Wochenende in Offline-Modus und das verwirrende Aussen verschwindet in einer wohltuenden Stille. Gebe mich meinen Impulsen hin und geniesse die sich mir unerwartet eröffnenden Räume. Ein Segen. Soviel Friede und Glück. 

 

Ungerechtigkeit

Dies ist für mich das forderndste Feld, ein Feld, in dem ich mich verlieren könnte, wenn ich nicht ganz bewusst bei mir bleibe. Wenn ich mich verliere im Aussen, so zeigen sich in mir Hilflosigkeit ob all den Ungleichgewichtssituationen auf der Erde. Dann zeigt sich in mir ein Schmerz, den ich nicht halten kann, eine Tragweite, die mein Verstand überfordert. So bleibe ich momentan bewusst bei mir und setze meine Zeichen in meinem Umfeld, in meiner Selbständigkeit und als Schweizerbürgerin. Engagiere mich zum Beispiel für Petitionen für ein Grundeinkommen, für die Unterstützung von Selbständigen generell oder für die Grundrechte. Schicke meine aktuell fälligen Rechnungen der öffentlichen Hand per Einschreiben an den Bundesrat, damit diese beglichen werden. Zuerst antworten sie mit einem nicht auf mein Schreiben eingehendes Standardschreiben. Ich erhalte den Rat mich bei der Ausgleichskasse für ein Taggeld zu melden. Habe ich ja bereits getan und erhalte rund CHF 40.- pro Tag. Das reicht gerade für die Fixkosten der Praxis, wofür ich dankbar bin. Nach einem erneuten Schreiben von mir, erhalte ich folgende Antwort vom EDI: „Wir können Ihre eingereichten Rechnungen nicht begleichen. Wenden Sie sich an das Sozialamt oder eine private Hilfsorganisation. Nun denn, ich bin finanziell solide aufgestellt, so dass ich keine Unterstützung erhalten würde und um das geht es auch nicht. Es geht mir um’s Prinzip. Wenn mir der Staat den Einkommenshahn abdreht, dann begleiche ich auch keine Rechnungen vom Staat. Dabei bleibe ich auch, auch wenn die Bundeskanzlei mir mittlerweile die Rechnungen wieder zurückgeschickt hat. 

Dies sind Beispiele meiner kleinen Taten, die ich als Möglichkeit sehe, meine Stimme in unsere Gesellschaft einfliessen zu lassen. Auf meine Art. Aus meiner Wahrheit heraus. Diese beinhaltet momentan, dass ich die Wirksamkeit der Massnahmen in Frage stelle. Dann nehme ich wahr, dass die Massnahmen alle unterschiedlich treffen. Ich höre und lese überall die Aufforderung zu Solidarität. Was bedeutet denn Solidarität für jemanden, der nun keine Einnahmen mehr hat, allenfalls auch keine finanzielle Unterstützung vom Staat erhält, sein Geschäft dadurch nicht halten kann, oder für diejenigen, die sich in einer Randgruppe durch’s Leben bewegen? Was bedeutet Solidarität für jemanden, den die Massnahmen im Portemonnaie nicht treffen? Seien es die Senioren mit ihrer AHV, seien es Mitarbeitende von Unternehmen die wie gehabt weiterarbeiten können? So empfinde ich dieses Wort in diesem Zusammenhang als ein Unding mit einem schalen Nachgeschmack. Gleichzeitig nehme ich auch wahr, dass sehr viele auf unterschiedlichen Ebenen die Auswirkungen als belastend empfinden können. Grosseltern, die ihre Grosskinder nicht sehen können/dürfen. Kurzzeitarbeitsbetroffene, die mit der ihnen nun zur Verfügung stehenden Zeit nicht umgehen können. Die Betroffenen der Risikogruppen, die allenfalls die Massnahmen als ausgrenzend und stigmatisierend empfinden. Kinder, die ihre SchulkollegInnen nicht mehr sehen dürfen. Homeofficebetroffene, die Kinder zu Hause haben, weil das Fremdbetreuungsangebot eingestellt wurde, Mütter deren Familie plötzlich 7x24 Std. zu Hause ist und für sie so kein Freiraum mehr übrigbleibt, Homeschooling. Somit ist ersichtlich, dass wir alle irgendwo gefordert sind und dennoch…. Einige trifft es existentiell und andere sind in ihren Komfortzonen gefordert. 

Aufgrund dessen, dass ich mich im Aussen überfordert fühle, habe ich mich entschieden, dass ich mich in diesem von mir empfundenen Feld der Ungerechtigkeit nur da in’s Aussen begebe, wo es mit Leichtigkeit und nicht mit Kampf verbunden ist. Ich will keine Härte in mir entstehen lassen. Bleibe meinem Verständnis von Eigenverantwortlichkeit treu und investiere in möglichst viel liebevolles, dankbares, emotionsgeklärtes Sein mit mir, meiner Tochter, meinem näheren Umfeld und all den Menschen, denen ich auf meinem Weg begegne. Das ist, was ich definitiv als Schöpferin beitragen kann und wenn immer mehr in diese Eigenverantwortung gehen, so kann viel Heilung geschehen. Jede Veränderung beginnt bei mir selber, indem ich Verantwortung für mein Leben übernehme!

 

In vielerlei Hinsicht habe ich diese vergangenen Wochen als Geschenk empfunden. Sie haben mich auch in meinem Sein gefestigt. Ich durfte einmal mehr viel über mich lernen. 

Ab dem 11.05.2020 kann meine Tochter wieder in die Schule gehen, und ich eröffne somit meine Praxis wieder. Ich bin dankbar dafür, dass ich mit meinem Wirken fortfahren darf. 

 

Meine Reflektion zu meinem Erleben der Zeit von Karuna hat mich also nun durch diese Fastenwoche begleitet. Hungern musste ich nicht. Da ich durch das Chlorophyll des Dinkelgrases genügend Zellnahrung erhalten habe. Etwas zerbrechlich fühle ich mich. Mein Kreislauf ist fragil. Herpes ist an meinem Kinn ausgebrochen. Gleichzeitig fühle ich mich um Schritte weitergekommen. Fühle eine natürlich geordnete Klarheit in mir. Es wird stiller in mir und wissender um mich.  Meine bisherige Zurückhaltung betreffend das Fasten kann ich nicht mehr aufrechterhalten. Es hat mich nicht umgebracht nicht zu essen. Wenn es auch die eine oder andere Herausforderung in sich trug. 

 

 

 

*Karuna bedeutet in der Buddhistischen Geisteswissenschaft auch Mitgefühl, für mich heute Mitgefühl mit anderen gleichzeitig Mitgefühl mit mir. Karuna steht für mich für Corona. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0